Intern
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling und Interne Unternehmensrechnung

Anreizwirkung von Governance-Strukturen

Anreizwirkung von Richtlinien, Standards und anderen Governance-Strukturen für die Entscheidungsfindung in Non-Profit-Organisationen wie Krankenhäusern und Universitäten

Gesetze, Richtlinien, Standards und andere Governance-Strukturen setzen Anreize für Entscheidungsfindungen in Organisationen. Besonders relevant ist diese Form der Steuerung im Bereich von Non-Profit-Organisationen wie Krankenhäusern oder Universitäten, da diese Organisationen multidimensionale und komplexe Zielsysteme haben (wirtschaftliche, soziale, kulturelle und wissenschaftliche Ziele). Die Leistungen (bspw. ärztliche Behandlungen, Pflege oder Bildungsabschlüsse) werden auf Märkten angeboten, die durch Marktversagen charakterisiert sind und erhebliche staatliche Regulierungseingriffe erfordern. Während die Zielsetzung der Regulierungsmaßnahmen oft klar formuliert ist und wünschenswert erscheint, entfalten die Maßnahmen auf Ebene der Entscheidungstragenden in den Organisationen neben den erwünschten Effekten auch unerwünschte Wirkungen.

Aus Controlling-Perspektive ist interessant, in welcher Weise bestimmte Regulierungsmaßnahmen das Entscheidungsverhalten der Akteure beeinflussen und wie Regulierung und bestehende Steuerungsmechanismen in den Organisationen zusammenwirken. Funktioniert oder misslingt die Weitergabe der Anreizsetzung über die Ebenen der Entscheidungstragenden hinweg? Kommt es aus Sicht des Regulierenden oder aus Sicht der Leitungsebene zu erwünschtem oder unerwünschtem Verhalten der Entscheidungstragenden? Kann das unerwünschte Entscheidungsverhalten verhindert werden, indem innerhalb der Organisation gegengesteuert wird? In theoriegeleiteter empirischer Forschung nähern wir uns einer Beantwortung solcher Fragestellungen. 

Skalen-, Lern- und Spillover-Effekte in Hochkostenbereichen von Krankenhäusern

Das Ziel der deutschen Gesundheitsreformen (z.B. Gesundheitsstrukturgesetz 1993, GKV-Modernisierungsgesetz 2004) ist in neuerer Zeit vor allem die Eindämmung der Kostenentwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Viele Krankenhäuser haben in Folge des gestiegenen Kostendrucks eine Spezialisierungsstrategie eingeschlagen, die durch Skalen- und Lerneffekte zu Qualitätsverbesserungen und Kosteneinsparungen im entsprechenden Leistungsspektrum geführt hat. Die größeren Fallzahlen ermöglichen unter anderem individuelles sowie organisationales Lernen, das in diesem Projekt näher beleuchtet wird. So wird beispielsweise untersucht, inwieweit die Lerneffekte im spezialisierten Leistungsspektrum positive Effekte auf das sonstige Leistungsspektrum des Krankenhauses nach sich gezogen haben und gefragt, inwieweit bestimmte Rahmenbedingungen eine lernförderliche Wirkung entfalten können. Eine weitere Untersuchung legt den Fokus auf unterschiedliche Lernumgebungen und vergleicht Teamarbeit mit individueller Arbeit. Für die Analysen stehen Datensätze aus verschiedenen Kliniken unterschiedlicher Versorgungsstufen zur Verfügung.

Bauer, C.; Möbs, N.; Unger, O.; Szczesny, A.; Ernst, C. (2020): Spillover Effects of Specialization Strategies in Hospitals: An Analysis of the Effects in the Short, Medium, and Long Term, ZBW – Leibniz Information Centre for Economics, Kiel, Hamburg, online verfügbar unter https://www.econstor.eu/handle/10419/215783.

Spezialisierungs- und Selektionsanreize fester Krankenhausbudgets

In den 90er Jahren wurde mit der Einführung gedeckelter Budgets in der Krankenhausfinan-zierung starke Anreize zu einem kosteneffizienten Entscheidungsverhalten in Krankenhäusern gegeben. Bereits damals wurde befürchtet, dass eine solche Steuerung Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur haben könnte. So erwartete man eine zunehmende Spezialisierung im Behandlungsspektrum der Krankenhäuser und befürchtete zugleich unerwünschte Selektions-tendenzen bei der Auswahl der zu behandelnden Personen. Ähnliche Diskussionen wurden rund um die Einführung des Fallpauschalensystems im Jahre 2004 geführt. Im Rahmen des Projekts wurde untersucht, inwieweit eine solche Risikoselektion im Patientenportfolio eines Krankenhauses zu erkennen war und welche Auswirkungen in der Kostenstruktur damit ver-bunden waren.

Ernst, C.; Szczesny, A. (2008): Capped hospital budgets, risk-influencing activities and financial consequences, in: Journal of Accounting and Public Policy, Vol. 27 (1), 38–61.

Ernst, C.; Szczesny, A. (2006): Spezialisierungs- und Selektionsanreize fester Krankenhaus-budgets 1993-2002 – eine empirische Analyse, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, Vol. 58 (6), 566–584. 

Lerneffekte in chirurgischen Eingriffen und Implikationen für die Kostenrechnung

Im Jahre 2004 wurde für Krankenhausleistungen für gesetzlich versicherte Personen ein Fallpauschalensystem (Diagnosis Related Groups – DRG) eingeführt. In diesem System werden Behandlungsfälle nach kostenrelevanten Merkmalen gruppiert und Pauschalen für eine Abrechnung zugeordnet, die sich aus den im Bundesschnitt durchschnittlichen Kosten für die Behandlung solcher Fälle ergeben. Eine Abrechnung nach Fixpreisen setzt das Krankenhaus einem finanziellen Risiko aus. Präzises Wissen zur tatsächlichen Kostenverursachung ist für Krankenhäuser im erhöhten Wettbewerb daher essenziell. Im Zusammenhang mit strategischen Spezialisierungsbemühungen sind dabei dynamische Kostenentwicklungen und damit Lernkurveneffekte von besonderem Interesse. Im Rahmen des Projekts wurden für mehrere innovative chirurgische Eingriffe (Knie- und Hüftgelenke, minimalinvasive Techniken) untersucht, ob für den maßgeblichen Kostentreiber OP-Zeit Lerneffekte im Sinne der klassischen Lernkurventheorie identifiziert werden konnten. Für alle untersuchten Eingriffe ließen sich Lernraten von 9 bis 10 Prozent ermitteln.

Ernst, C.; Szczesny, A. (2005): Cost accounting implications of surgical learning in the DRG era – data evidence from a German hospital, in: Schmalenbach Business Review, Vol. 57, 127–166.

Ernst, C.; Ernst, G.; Szczesny, A. (2003): Does Learning matter for knee-replacement surgeries? Data evidence from a German hospital, in: Financial Accountability and Management 2003, Vol. 19 (4), 375–396.

Ernst, C.; Szczesny, A. (2002): Knee replacement surgery and learning effects – data evidence from a German hospital, in: M. Schwaiger; O. Opitz (Hrsg.) Exploratory Data Analysis in Empirical Research. Berlin u.a., Springer, 321–331.