Intern
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling und Interne Unternehmensrechnung

Rechnungslegungsqualität

Rechnungslegungsqualität und bilanzpolitisches Verhalten von Unternehmen – Bedeutung und Anreizwirkungen

Die Trennung von Eigentum bzw. Kapital und Management in einem Unternehmen führt aufgrund asymmetrischer Informationen und Zielkonflikten zwischen den beiden Parteien zu Agency-Problemen. Die dadurch entstehenden Agency-Kosten sollen durch die Rechnungslegung seitens des Managements abgemildert werden. So sollen einerseits Informationsasymmetrien (Informationsfunktion) und andererseits durch auf Rechnungslegungsgrößen basierende Anreizsysteme Zielkonflikte (Verhaltenssteuerungsfunktion) abgebaut werden. Dies kann aus theoretischer Sicht jedoch nur gelingen, wenn die Informationen aus der Rechnungslegung sowohl relevant als auch verlässlich sind und damit eine hohe Qualität aufweisen. Demgegenüber stehen allerdings Anreize zu bilanzpolitischem Verhalten im Unternehmen, das zu einer Verschlechterung der Rechnungslegungsqualität führen kann. Dieses bilanzpolitische Verhalten selbst oder auch die Erwartungen der Aktionäre in Bezug auf ein solches Verhalten sind Fragestellungen, die im Rahmen dieses Forschungsschwerpunktes behandelt werden.    

Die Wahrnehmung und Bedeutung von Rechnungslegungsqualität aus Sicht der Aktionäre kapitalmarktorientierter Unternehmen

Dieses Forschungsprojekt soll zum tieferen Verständnis der Einschätzungen der Aktionäre in Bezug auf die Bedeutung der Rechnungslegungsqualität beitragen. Zu diesem Zweck werden Abstimmungsergebnisse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf Hauptversammlungen kapitalmarktorientierter Unternehmen untersucht. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Zufriedenheit der Aktionäre mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat von der wahrgenommenen Qualität der Rechnungslegung abhängig ist. Insbesondere erfolgt eine Differenzierung zwischen der Zufriedenheit mit den beiden genannten Organen des Unternehmens, um die Verantwortlichkeit für das Thema Rechnungslegungsqualität aus Sicht der Aktionäre zu erforschen. Des Weiteren ist von Interesse, wie sich verschiedene Unternehmenscharakteristika – bspw. Informationsumfeld, Performance oder Corporate Governance – auf die oben beschriebenen Fragestellungen auswirken.

Hörner, S.: Earnings Quality and Shareholders’ Satisfaction with the Management and Supervisory Boards—Evidence from German Annual General Meetings, Arbeitspapier.    

Der Einfluss von CSR auf Bilanzpolitik – Eine differenzierte Analyse möglicher CSR Incentives unter Berücksichtigung von Corporate Governance

Dieses Forschungsprojekt richtet den Fokus auf originär nicht-finanzielle Nachhaltigkeitsstrategien und deren Einfluss auf bilanzpolitisches Verhalten. Bisherige Studien betrachten die heterogene Gruppe der Corporate Social Responsibility (CSR) Unternehmen dabei überwiegend in ihrer Gesamtheit. Der Autor versucht demgegenüber die untersuchten Unternehmen in prävalente Anreizgruppen zu trennen, um vermutete diverse Anreize zur Investition in CSR mit den Anreizen zu Bilanzpolitik in Verbindung zu bringen. Hierfür wird ein europäisches Setting mit kapitalmarktorientierten Unternehmen der ASSET4 Datenbank zwischen 2005 und 2014 gewählt. Durch eine gezielte Verknüpfung der Anreize zur Investition mit der Entscheidung zur einschlägigen Berichterstattung werden Unternehmen mit prävalenten Reputations-anreizen von Unternehmen mit Tendenzen zur intrinsischen, philanthropischen Motivation abgegrenzt. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Unternehmen mit Reputationsanreizen bilanzpolitisch konform handeln und buchmäßige durch reale Bilanzpolitik zu ersetzen versuchen. Hierdurch lassen sich sowohl Risiken der medialen Bilanzschelte minimieren als auch hohe Gewinne als Teil einer Gesamtreputationsstrategie realisieren. Des Weiteren kann gezeigt werden, dass diese strategische Positionierung einen Einfluss auf die Wirkungsweise von Corporate Governance (CG) hat. Während Maße für gute CG mit einem geringeren Ausmaß an buchmäßiger Bilanzpolitik einhergehen, wählen Unternehmen mit Reputationsanreizen kohärent mit ihrer strategischen Tendenz erneut ein höheres Maß an realer Bilanzpolitik. Insgesamt deuten die Ergebnisse der Studie daraufhin, dass gewisse Unternehmen CSR als Reputations-instrument nutzen und sich nicht konform einer nachhaltigen Strategie im Hinblick auf Bilanzpolitik verhalten.

Schaupp, D. (2018): Corporate Social Responsibility and Earnings Management – a Differentiated View on CSR Incentives and the Role of Corporate Governance. Working Paper.

Kritische Analyse von Schätzmodellen für das Ausmaß von Bilanzpolitik für den Bankensektor

Dieses Forschungsprojekt setzt sich umfassend mit der empirischen Messung von Bilanzpolitik im Bankensektor auseinander. Das Fehlen einer zufriedenstellenden Ermittlung des aggregierten Ausmaßes von Bilanzpolitik erfordert hierbei die Anwendung verschiedener Regressionsmodelle. Im speziellen Kontext der empirischen Analyse von Bilanzpolitik im Bankensektor besteht diesbezüglich eine ausgeprägte Heterogenität der verwendeten Modelle. Zugleich existiert nach wie vor keine systematische Analyse der Ansätze und Modellierungsarten von Loan Loss Provisions, welche als elementares Vehikel der diskretionären Einflussnahme im Fokus der einschlägigen Studien steht. Die Verfasser untersuchen prävalente Modellierungsansätze, erstellen einen Baukasten verschiedener Regressionsparameter und testen eine Vielzahl an Varianten im Hinblick auf die Validität der ermittelten bilanzpolitischen Größen. Eine derartige Analyse ist von elementarer Wichtigkeit für die Validität der Ergebnisse und der gezogenen Schlüsse aus empirischen Studien im Bankensektor und liefert daher einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Einordnung vergangener und zukünftiger Analysen. Die Ergebnisse der zur Anwendung gebrachten Analysen und Tests zeigen, dass eine Vielzahl der existierenden Modelle eine ausreichende Passgenauigkeit aufweist. Jedoch sind gewisse Regressoren weniger wichtig als zunächst angenommen. So können die Regressoren der Non-Performing Loans die Modellierung stark verbessern, während Loan Loss Reserves und Net Charge-Offs nur einen kleinen Beitrag leisten können. Im weiteren Verlauf lässt sich zudem eine ausgeprägte Nichtlinearität einzelner Regressoren aufzeigen, sowie dass ein Wechsel auf ein Modell mit Berücksichtigung von Endogenität nicht zwangsläufig zu einer verbesserten Modellierung führt. Insgesamt kann die Studie als geeigneter Startpunkt für zukünftige Studien zu Bilanzpolitik im Bankensektor fungieren.

Schaupp, D.; Stralla, M. (2018): Earnings Management Modelling in the Banking Industry – Evaluating Valuable Approaches. Working Paper.

Können kleine und mittelgroße Wirtschaftsprüfer im Markt für PIEs bestehen? – Eine Analyse des Einflusses von Unabhängigkeit auf bilanzpolitische Aktivitäten

Dieses Forschungsprojekt widmet sich der Analyse der Unabhängigkeit von kleinen und mittelgroßen Abschlussprüfern im deutschen Markt für Mandanten von öffentlichem Interesse zwischen 2007 und 2014. Das Setting der Studie zeichnet sich dadurch aus, dass kleine und mittelgroße Wirtschaftsprüfer traditionell im Verdacht stehen, aufgrund einer eingeschränkten Unabhängigkeit von kapitalmarktorientierten Mandanten diesen ein höheres Maß an Spielräumen zuzugestehen, c.p., es wird eine geringere Qualität der Prüfung und damit größerer Spielraum für Bilanzpolitik vermutet. Das europäische und insbesondere deutsche Umfeld qualifiziert sich durch divergente, gesetzlich vorgeschriebene Schwellenwerte der Abhängigkeit des Wirtschaftsprüfers für eine differenzierte Analyse der Nichtlinearität der Zusammenhänge. Des Weiteren bilden die in Deutschland prävalenten Transparenzberichte eine profunde Datenbasis für die Ermittlung von Abhängigkeitsmaßen, die im speziellen Marktsegment eine überlegene Messung der Abhängigkeit der betrachteten Prüfer ermöglichen. Die vorliegende Arbeit in diesem Kapitel wählt auf Basis der prävalenten gesetzlichen Regelungen ein nichtlineares Forschungsdesign und legt nahe, dass kleine und mittelgroße Wirtschaftsprüfers im speziellen Marktsegment der kapitalmarktorientierten Mandanten mit steigender Abhängigkeit eine erhöhte Prüfungsqualität liefern, bis sich die Effekte an einer hohen Schwelle der Abhängigkeit umkehren. Dieser Wendepunkt spiegelt zugleich formulierte gesetzliche Schwellenwerte wider. Kleine und mittelgroße Abschlussprüfer scheinen trotz steigender Abhängigkeit eine höhere Prüfungsanstrengung zu wählen, welche buchmäßige Bilanzpolitik einschränkt und damit die Qualität der Finanzinformationen erhöht. Im Fokus steht hierbei vermutlich das Bestreben des Festigens und Ausbauens einer Reputation im Marktsegment der kapitalmarktorientierten Mandanten. Ab Überschreiten eines kritischen Schwellenwertes scheint hingegen die gestiegene Abhängigkeit die Reputationseffekte zu dominieren. Die Ergebnisse der Studie legen zudem den Schluss nahe, dass Mandanten bei einer Einschränkung der buchmäßigen Bilanzpolitik geneigt sind mehr reale Bilanzpolitik einzusetzen, deren Einschränkung nicht originärer Gegenstand der Prüfung durch den Abschlussprüfer ist.

Schaupp, D.; Lenz, H.; Löhlein, L. (2022): Do SMP Auditors (Really) Deliver Poor Audit Quality to PIE Clients?. Working Paper, online verfügbar unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4212500

Bilanzpolitik in kleinen und mittleren Unternehmen

Wie kapitalmarktorientierte Unternehmen Bilanzpolitik betreiben, welche Zielsetzungen verfolgt werden, welche Instrumente zum Einsatz kommen und wie Standardsetzung, institutionelle Rahmenbedingungen und Governance-Strukturen auf das Verhalten wirken, wird in zahlreichen internationalen Forschungsarbeiten beleuchtet. Kleine und mittlere Unternehmen unterscheiden sich ganz erheblich in ihrer Eigentümer- und Finanzierungsstruktur und in den bei ihnen wirksamen Agency-Konflikten von kapitalmarktorientierten Unternehmen. Bilanzpolitisches Verhalten kleiner und mittlerer Unternehmen sowie deren besondere Finanzierungssituation liegt im Fokus dieses Forschungsprojekts.

Schindele, A.; Szczesny, A. (2016): The Impact of Basel II on the Debt Costs of German SMEs. Journal of Business Economics, 86 (3), 197–227.

Szczesny, A.; Valentinčič, A. (2013): Asset write offs in private firms – The case of German SMEs. Journal of Business Finance & Accounting, 40(3) & (4), 285–317.