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Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Europäische Zentralbank: Ist die Zinsanhebung notwendig?

29.08.2023

Prof. Dr. Peter Bofinger hat in einer gemeinsamen Veröffentlichung von Social Europe und dem IPG-Journal einen Artikel zum Thema Zinsanhebung durch die EZB verfasst

Prof. Dr. Peter Bofinger
Prof. Dr. Peter Bofinger (Bild: Universität Würzburg)

Prof. Dr. Peter Bofinger hat in einer gemeinsamen Veröffentlichung von Social Europe und dem IPG-Journal (Journal für Internationale Politik und Gesellschaft) einen Artikel zum Thema Zinsanhebung durch die EZB verfasst, mit Blick darauf, ob die Europäische Zentralbank (EZB) zu spät auf die Inflationswelle reagierte und ob sie jetzt zu lange auf die Bremse tritt, mit ernsthaften Risiken für die Realwirtschaft und die Stabilität des Finanzsystems der Eurozone.

Seit September 2022 gab es immerhin sieben Zinsanhebungen von insgesamt 3,5 Prozentpunkten. Sind weitere Zinserhöhungen tatsächlich gerechtfertigt – oder sollte man warten, bis die Auswirkungen der bisherigen Erhöhungen ersichtlich sind? EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte hierzu lapidar, dass über eine Pause oder eine Aussetzung der Erhöhungen bisher nicht diskutiert wurde, da die EZB viel zu tun habe. Auch wischte sie die Frage nach dem Theoriekonzept „neutraler Zins“ (der neutrale Zins ist in der Theorie der Zinssatz, der weder eine stimulierende noch eine dämpfende Wirkung auf die Wirtschaft hat) kurzerhand vom Tisch und behauptete, dass eine Auseinandersetzung mit der Frage schlicht nicht notwendig sei.

Es ist eine weitverbreitete Erkenntnis, dass Geldpolitik mit langen und variablen Zeitverzögerungen wirkt. Hierzu befragt, antwortete Lagarde jedoch nur, dass es genüge zu sagen, dass die Wirkung schon wahrgenommen würde. In der Eurozone hat sich die Inflation schon erheblich verlangsamt (1,8% im Mai 2023), dabei ist anzumerken, dass kurzfristige Dynamiken schwankend und irreführend sein können. Trotzdem ist es für Prof. Bofinger unverständlich, warum die EZB in ihrer öffentlichen Kommunikation solche Daten nicht nennt.

Zurück zu der rüden Rhetorik der EZB: Was könnte dahinterstecken? Will die Bank ihre kämpferische Seite bekunden, nachdem sie 2022 zu zögerlich war? Versucht sie, das deutsche Publikum zu beeindrucken, das seit Jahren darüber klagt, dass die EZB zu wenig auf Preisstabilität hinarbeitet?

In der gegenwärtigen Situation steht die Geldpolitik vor vielen schwierigen Aufgaben und Preisstabilität ist dabei das Hauptziel der EZB. Präsidentin Christine Lagarde sollte laut Prof. Bofinger jedoch offen erklären, warum Leitzinserhöhungen wirklich gerechtfertigt sind.

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