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Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Wie sicher ist das Deutsche Rentensystem und gibt es Alternativen?

25.09.2023

Unser Experte Prof. Dr. Hans Fehr zum Thema „Die Rente ist sicher“

Prof. Dr. Hans Fehr
Prof. Dr. Hans Fehr (Bild: Universität Würzburg)

„Die Rente ist sicher“ versprach der frühere Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm (CDU) und kaum ein Satz hat sich derart in die Köpfe der deutschen Bevölkerung eingebrannt, wie dieser.

Da die gesetzliche Rente in Deutschland nach dem sogenannten Umlageverfahren organisiert ist, stehen durch die demographische Entwicklung in Deutschland den Einzahlenden in das Rentensystem immer mehr Rentenbeziehende gegenüber. Daher decken die Einnahmen der Rentenkasse die Ausgaben nicht mehr und der Bund muss mit Steuereinnahmen unterstützend eingreifen. 2021 waren das bereits ca. 25% des Bundeshaushaltes. Schätzungen ergeben, dass im Jahr 2050 etwa 100 Beitragszahler für 77 Rentner Zahlungen leisten. Experten zufolge könnte der Anteil der steuerlichen Zuschüsse in den kommenden Jahrzehnten auf mehr als 50 Prozent des Haushalts steigen.

Bei diesen Prognosen fällt es schwer, den Worten Blüms Glauben zu schenken und es drängen sich viele Fragen auf:

Würde das deutsche Rentensystem dauerhaft gesichert funktionieren, wenn Beamte, Freiberufler und Selbstständige ebenfalls in die gesetzliche Rentenversicherungspflicht integriert würden?

Oder wäre das, seit über dreißig Jahren in Australien gut funktionierende, aktienbasierte Rentensystem die bessere Lösung?

Könnten Forschung und Lehre die Politik beratend unterstützen und falls ja, welche Ideen oder Projekte gibt es da, eventuell sogar an unserer Fakultät?

Wir haben unseren Experten Prof. Dr. Hans Fehr gefragt. Lesen Sie hier seine Antworten:

„Die Rente ist sicher“ mag ein Schlagwort sein, aber hat wenig Aussagekraft. Es wird auch noch in 50 Jahren eine staatliche Rentenversicherung geben. Insofern ist die Rente sicher. Allerdings wird sie dann wohl nicht mehr dieselbe Absicherung des Lebensstandards leisten können, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Deshalb sollten gerade junge Leute, welche nach der Schule oder dem Studium in den Arbeitsmarkt wechseln, frühzeitig zusätzlich für das Alter vorsorgen. Das kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen (Bausparen, Aktiensparen, Riestern, etc.). Diese Aussage ist völlig unabhängig davon, ob man künftig zusätzliche Gruppen wie Beamte und Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherungspflicht integriert. Kurzfristig kann man damit vielleicht höhere Ein- nahmen generieren, aber mittel- und langfristig entstehen dann auch höhere Ausgaben.

Das australische Rentensystem besteht aus einer steuerfinanzierten, bedürftigkeitsgeprüften Basisrente und einer kapitalgedeckten Rente (Superannuation), welche für alle Arbeitnehmer verpflichtend ist. Letztere befindet sich derzeit noch im Aufbau, aber sie wird in den künftigen Jahren das Alterseinkommen dominieren. Ich glaube nicht, dass für Deutschland ein solcher weitreichender Übergang zur Kapitaldeckung möglich und sinnvoll wäre, weil wir bereits ein funktionierendes System haben. Allerdings hätte man schon vor 20 Jahren mit dem Aufbau einer kapitalgedeckten Zusatzversorgung beginnen sollen, z.B. indem man die Riesterrente nicht freiwillig, sondern verpflichtend gemacht hätte. Die damaligen Reformen in Schweden oder Dänemark sind für mich eher ein Vorbild als Australien.

Forschung und Lehre sollte zumindest das Problembewusstsein stärken und Politikalternativen entwickeln. Ob das dann auch von der Politik aufgegriffen wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.  Als Beispiel sei ein aktuelles Dissertationsprojekt an meinem Lehrstuhl genannt, welches die Konsequenzen der jüngsten Reformen bei der Erwerbsminderungsrente abschätzt. In den künftigen Jahren werden die Leistungen bei Erwerbsminderung drastisch im Vergleich zur Altersrente ansteigen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass künftig immer mehr Menschen versuchen werden, mit einer Erwerbsminderungsrente vorzeitig in den Ruhestand zu wechseln.  Damit würden jedoch alle Bemühungen konterkariert, das Rentenzugangsalter künftig auf 67 Jahre anzuheben.

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